Auf einem Wirtschaftsweg muss ein Radfahrer grundsätzlich mit Fahrbahnunebenheiten rechnen. Stürzt er mit seinem Rad beim Durchfahren eines 50 bis 60 cm langen und 8 cm tiefen Schlaglochs, das für ihn deutlich zu erkennen und gefahrlos zu umfahren war, stellt das Schlagloch keine Gefahrenstelle dar, vor der zu warnen oder die zu beseitigen gewesen wäre. Hierauf hat der 11. Zivilsenat mit Beschluss vom 11.11.2020 (Az. 11 U 126/20) hingewiesen.
Was hat sich zugetragen?
In der Mitte einer fünf Meter breiten Straße in Waltrop befand sich im Sommer 2019 ein Schlagloch, das später durch die beklagte Stadt, die für diese Straße verantwortlich ist, ausgebessert wurde. Der Kläger will mit seinem Fahrrad zur Mittagszeit in dieses Schlagloch mit einer Tiefe von etwa 8 cm und einer Länge von 50 bis 60 cm gefahren und deshalb zu Fall gekommen sein. Durch den Sturz habe er Prellungen und Schürfwunden erlitten; daneben seien sein Fahrrad und die getragene Kleidung beschädigt worden. Er hat deshalb die beklagte Stadt auf Schadensersatz und Schmerzensgeld von etwa 3.500 Euro in Anspruch genommen. Diese hat sich unter anderem damit verteidigt, dass es sich bei der Straße um einen Wirtschaftsweg mit einer untergeordneten Verkehrsbedeutung handle, so dass jeder Verkehrsteilnehmer auch mit größeren Unebenheiten zu rechnen habe.
Das Landgericht Bochum hat die Klage mit Urteil vom 10.07.2020 (Az. 5 O 134/20) abgewiesen. Seine gegen dieses Urteil gerichtete Berufung hat der Kläger zurückgenommen, nachdem der Senat mit Beschluss vom 11.11.2020 darauf hingewiesen hatte, dass sie keine Aussicht auf Erfolg habe:
Ein Schlagloch in der von dem Kläger beschriebenen Größe stelle – so der Senat – für einen Radfahrer, der dort hineinfahre, zwar ein Gefahrenpotential dar. Allerdings dürfe ein Radfahrer, der – wie hier – einen Wirtschaftsweg benutze, nicht erwarten, dass der Weg insgesamt eine einwandfreie Fahrbahndecke habe und deshalb über seine gesamte Breite gefahrlos befahren werden könne. Dies könne ein Radfahrer schon nach dem Rechtsfahrgebot der Straßenverkehrsordnung – das Schlagloch habe sich dagegen in der Mitte der Fahrbahn befunden – nicht für sich beanspruchen. Daneben hätten Benutzer eines Wirtschaftswegs grundsätzlich mit Fahrbahnunebenheiten zu rechnen, da solche Wege regelmäßig mit schwerem landwirtschaftlichem Gerät befahren werden würden, wodurch Straßenschäden entstehen könnten. Deshalb hätte der Kläger auch ohne weitere Warnhinweise nur so schnell fahren dürfen, um selbst auf plötzlich auftretende Hindernisse und Gefahrenstellen reagieren zu können. Ein Schlagloch in der von dem Kläger beschriebenen Größe sei für einen Radfahrer deutlich erkennbar und hätte ohne Probleme umfahren werden können.
Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 11. November 2020 (Az. 11 U 126/20, OLG Hamm), worauf die Berufung zurückgenommen worden ist; das landgerichtliche Urteil ist damit rechtskräftig.