Das Landgericht hat den Angeklagten wegen tateinheitlicher zweifacher fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
Nach den Feststellungen kam es am 3. März 2009 zu dem Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln sowie zweier Wohngebäude, bei dem zwei Menschen zu Tode kamen. Ursache hierfür war zur Überzeugung der Strafkammer die Havarie einer im Zuge eines Großbauprojekts in der Nähe der Gebäude ausgehobenen Baugrube, deren seitliche Umschließung zuvor nur unzureichend erstellt worden war, so dass am Unglückstag insbesondere Erdreich von unterhalb der Gebäude innerhalb kurzer Zeit in die Baugrube strömen konnte. Der Angeklagte war auf Seiten der Bauherrin damit betraut, die Tätigkeit der bauausführenden Arbeitsgemeinschaft zu kontrollieren. Nach den Wertungen des Landgerichts kam er seiner Aufgabe jedoch nur unzureichend nach und schritt bei der mangelhaften Erstellung der Baugrubenumschließung nicht ein.
Auf eine Verfahrensrüge des Angeklagten hin hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs das Urteil mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die Richter der Strafkammer wurden nach der mündlichen Verkündung des Urteils sämtlich in einem vor einer anderen Strafkammer des Landgerichts rechtshängigen Verfahren als Zeugen zum selben Tatgeschehen vernommen. Sie waren von da an von Gesetzes wegen von der weiteren Ausübung des Richteramtes in der vorliegenden Sache ausgeschlossen und waren deswegen daran gehindert, die – bis dahin noch nicht erfolgte – rechtskonforme Herstellung der schriftlichen Urteilsgründe vorzunehmen.
Auf die durch den Angeklagten ebenfalls erhobene Sachrüge kam es daher nicht mehr an.
Mit Urteil vom 13. Oktober 2021 hat der 2. Strafsenat das Urteil des Landgerichts auch auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft hin im Hinblick auf zwei freigesprochene Bauleiter aufgehoben (vgl. Pressemitteilung Nr. 185/2021).
Vorinstanz:
Landgericht Köln – Urteil vom 12. Oktober 2018 – 110 KLs 9/17
Die maßgeblichen Vorschriften der Strafprozessordnung lauten wie folgt:
§ 22 Ausschließung von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes
Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen,
[…]
5. wenn er in der Sache als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist.
§ 275 Absetzungsfrist und Form des Urteils
Ist das Urteil mit den Gründen nicht bereits vollständig in das Protokoll aufgenommen worden, so ist es unverzüglich zu den Akten zu bringen. Dies muß spätestens fünf Wochen nach der Verkündung geschehen; diese Frist verlängert sich, wenn die Hauptverhandlung länger als drei Tage gedauert hat, um zwei Wochen, und wenn die Hauptverhandlung länger als zehn Tage gedauert hat, für jeden begonnenen Abschnitt von zehn Hauptverhandlungstagen um weitere zwei Wochen. Nach Ablauf dieser Frist dürfen die Urteilsgründe nicht mehr geändert werden. Die Frist darf nur überschritten werden, wenn und solange das Gericht durch einen im Einzelfall nicht voraussehbaren unabwendbaren Umstand an ihrer Einhaltung gehindert worden ist. Der Zeitpunkt, zu dem das Urteil zu den Akten gebracht ist, und der Zeitpunkt einer Änderung der Gründe müssen aktenkundig sein.
[…]
§ 338 Absolute Revisionsgründe
Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,
[…]
7. wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
[…]
Beschluss vom 13. Oktober 2021 – 2 StR 418/19
Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 30. Mai 2022